Die Internationale Messe für nachhaltige Mode Neonyt
Von: Tanja Neth
Am Rande von Düsseldorf, auf dem ehemaligen Gelände des Böhler-Stahlwerks, fand vom 28.1. – 30.01. die Internationale Messe für nachhaltige Mode Neonyt statt. Ausstellen darf nur, wer den internen Nachhaltigkeits-Check der Neonyt erfolgreich durchlaufen hat. Die Produkte der überwiegend kleinen Labels vereinen Kreativität mit innovativen, nachhaltigen Ideen.
Die Vielzahl an Ideen auf der Neonyt macht klar, dass Nachhaltigkeit in der Textilindustrie ein äußerst vielschichtiges Thema ist, dass vielen Verbrauchern in ihrer Tiefe nicht bewusst ist. Es ist viel mehr als nur ‘organic cotton’, denn auf die Rohstoffgewinnung folgt der gesamte Herstellungsprozess inklusive Veredelung über den Transport zum Verkauf bis zum Recycling der verwendeten Materialien. Was während dieses Prozesses mit dem Textil passiert, mit welchen toxischen Materialien es behandelt wird oder unter welchen sozialen Bedingungen es gefertigt wurde, wird nicht gelabelt.
Neonyt: Microfactory, Print on demand, Production on demand und Textilveredelung
Die Studentinnen der Hochschule Niederrhein, Michèle Lemper und Franziska Jauch, haben verschiedene Bachelor- und Projektarbeiten ausgestellt. Sie beschäftigen sich alle mit nachhaltigen produktionstechnischen Ansätzen wie Microfactory, Print on demand, Production on demand, Textilveredelung und – gestaltung. Um ressourcenschonender zu produzieren, sind die Kleidungsstücke von Michèle mit einem Pigmentdrucker bedruckt, der nur innerhalb der Schnittteile druckt. Diese nachhaltige Technologie verwendet zudem eine biologisch abbaubare Appretur.
In der Jeansveredelung belasten traditionelle Produktionsverfahren extrem die Umwelt. Neben dem Einsatz von schädlichen Chemikalien verbrauchen abrasive Produktionsmethoden, die den von den Verbrauchern nachgefragten “Used Look“ produzieren, Unmengen an Wasser. Franziska hat bei ihren Kleidungsstücken die konventionellen Techniken durch moderne Lasertechnologie ersetzt.
Nachhaltigkeit ist für die Studentinnen bisher überwiegend ein elitäres Problem, denn nachhaltige Mode ist im Vergleich zu “Fast Fashion” sehr teuer. Es braucht diverse und innovative Lösungen im textilen Bereich, um nachhaltige Mode für die breite Masse zugänglich zu machen.
Obwohl Nachhaltigkeit während der letzten Jahre immer mehr in den Fokus gerückt ist, handelt es sich, auf die globale Bevölkerung betrachtet, nach wie vor um ein Randthema. Im Mittelpunkt steht daher weiterhin die Aufklärung der Menschen, denn der Großteil der Verbraucher hat keine Vorstellung davon, wie sich der Preis eines T-Shirts zusammensetzt.
Nachhaltigkeit ist auch eine Form von Wertschätzung
Nur wenn ich in der Lage bin nachzuvollziehen, wie meine Jeans hergestellt wurde, habe ich die Möglichkeit, den wahren Wert des Produktes zu erkennen und auch wertzuschätzen. Dann bin ich als Verbraucher auch bereit, das Loch im Pullover zu flicken oder den kaputten Reißverschluss ersetzen zu lassen. Die Bereitschaft, das Vielfache der Kosten für ein “Fast Fashion” Textil in der Änderungsschneiderei auszugeben, ist relativ gering.
Den Wert hinter Kleidungsstücken zu erkennen ist die Passion von Natalie, dem Gesicht hinter &LadyMondegreen. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Produktlebenszyklus von Textilien zu verlängern. Ausrangierte Stücke, die in die Hände von Natalie wandern, werden als einzigartige und innovative Stücke wiedergeboren. Jedes Teil wurde irgendwann von jemandem geschaffen und verdient mehr als die Mülldeponie. &LadyMondegreen erkennt in jedem Stück den individuellen Wert. Durch kleine unsichtbare Reparaturen oder durch die Verschmelzung mehrerer Kleidungsstücke entstehen kreative Unikate – die Möglichkeiten sind grenzenlos.
Ein gutes Produkt, braucht eine tolle Geschichte, ein ansprechendes Design und muss nachhaltig produziert sein.
Das junge Unternehmen Verdonna lässt industrielle Massenproduktion hinter sich und setzt auf traditionelle Handwerkskunst. In Kooperation mit peruanischen Kunsthandwerkerinnen entstehen individuelle Unikate, die es den Frauen ermöglichen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Um dem Neokolonialismus entgegenzuwirken, setzt sie als Unternehmerin auf gleichwertige Partnerschaften. Dafür gewann sie im letzten Jahr mit ihrem Unternehmen den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie globaler Unternehmenspartnerschaft. Die Preise für die Produkte werden gemeinschaftlich mit den peruanischen Partnern kalkuliert, damit sichergestellt wird, dass weder Ressourcen noch Arbeitskräfte ausgebeutet werden.
Für viele Verbraucher stehen Design und Qualität nach wie vor an erster Stelle, wenn es um die Kaufentscheidung geht. Erst im zweiten Schritt lässt man sich auf die Geschichte hinter dem Produkt ein. Diese Geschichten sind dann letztlich der USP, mit dem man sich von der Masse abheben kann.
Der wichtigste KPI für die Gründerin Lorena ist es, so viele Frauen wie möglich langfristig zu beschäftigen. Dafür möchte sie die Marke Verdonna noch bekannter machen, denn mehr verkaufte Produkte, bedeutet mehr beschäftigte peruanische Frauen, die sich ihr Leben selbst gestalten können.
Nachhaltiges Einkaufen muss einfach und transparent sein!
In der Textilbranche basiert Nachhaltigkeit nach wie vor häufig auf der Eigeninitiative der Verbraucher. Labels bieten hier eine wichtige Orientierungshilfe, doch nur die wenigsten Verbraucher wissen, was genau sich hinter einem Label verbirgt. Was sind die Standards? Handelt es sich um ein staatliches Label, eines, welches die Firma selbst erstellt hat oder steht eine NGO dahinter? Wer prüft die Einhaltung der vorgegebenen Standards?
Da gibt es momentan leider wenig Transparenz. Doch es braucht genau diese Transparenz, die durch einheitliche Nachhaltigkeitsstandards geschaffen werden kann, um Nachhaltigkeit in der Textilbranche für die breite Masse zugänglich zu machen.