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Stephanie Johne hatte das Gegenteil einer ruhigen, ausgewogenen und liebevollen Geburt erleben müssen. „Es ging alles zu schnell, zu brutal und es gab keine Kommunikation.“ Stephanie ist eine von vielen Frauen, die während eines eigentlich wunderschönen Moments, einem frustrierenden und zu brutalen Umgang ausgesetzt wurden.
Stephanies negative Erfahrungen brachten sie zum Entschluss eine Ausbildung zur Doula zu machen. Sie kämpft als Warrior Woman gegen Stigmata und Vorurteile. Keine Frau sollte jemals wieder während einer Geburt so behandelt werden wie sie. Was genau im Krankenhaus passierte, wie Stephanie zur Doula-Ausbildung kam und was sich hinter den Begriffen Doula, Māra Care und Yoni Steaming verbirgt, erfahrt ihr jetzt in unserem Interview.
Stephanie Johne: Für mich stand schon von Anfang an fest, dass ich eine natürliche Geburt haben möchte. Ich hatte ein sehr großes Vertrauen in meinen Körper. Ich denke, man kann hier von Ur-Vertrauen sprechen. Natürlich war ich mir bewusst, dass man bei manchen Geburten eingreifen muss, allerdings muss ein Eingriff einen beträchtlichen Grund haben und gemeinsam besprochen werden. Wir haben uns letztendlich für eine Hausgeburt entschlossen, obwohl viele meiner Bekannten und Freunde, das immer noch als verrückt empfinden. Mein Partner und ich fanden die Vorstellung sehr romantisch.
Die erste Zeit, in der ich alleine meine Wehen verarbeitet habe, war zwar sehr anstrengend, aber auch wunderschön. Meine Hebamme kam dazu und dann war es auch eigentlich schon so weit. Die meiste Arbeit war getan und der Kleine war bereit auf die Welt zu kommen. Und dann platzte meine Fruchtblase und das Fruchtwasser war missfärbig. Das bedeutet, dass das Baby unter Stress Stuhl ins Fruchtwasser abgelassen hat. In solchen Fällen wird die Geburt präventiv in ein Krankenhaus verlegt.
Also mussten wir mitten in der Geburt ins Krankenhaus fahren. Das alles hat mich natürlich sehr überfordert und traurig gemacht. Vor allem, weil ich, angekommen im Krankenhaus, mich alleine gelassen gefühlt habe. Mein erster Gedanke war: Es tut mir leid – ich habe es Zuhause nicht geschafft.Jetzt bin ich gescheitert. Diese Gedanken sind eigentlich blödsinnig.
Stephanie Johne: Meine Hebamme musste mich quasi an die Beleghebammen abgeben. Sie durfte da sein, aber nicht aktiv mitmachen oder Entscheidungen treffen. Eine halbe Stunde nach unserer Ankunft war mein Sohn auch schon da. Das Krankenhauspersonal hat in der Zeit wirklich alle medizinischen Interventionen aufgerufen, die man aufrufen kann und das ohne wirkliche Berechtigung. Wenn wir jetzt über Gewalt unter der Geburt sprechen, habe ich das alles in nur einer halben Stunde erleben müssen.
Der raue Umgang war das Erste. Die Hebamme hat sich eine Plastikhaube und -schürze angezogen und meinte:
Zusätzlich wurden mir Medikamente verabreicht, die ich eigentlich nicht wollte und die ohnehin fragwürdig sind. Es wurde der Kristeller-Handgriff eingesetzt und ein Dammschnitt durchgeführt. Alles ohne meine Zustimmung. Die Herztöne meines Sohnes waren in Ordnung, aber aus einem mir nicht erklärbaren Grund (auch die Einsicht in die Akten später haben darauf keinen Aufschluss gegeben), musste es wohl für das Krankenhauspersonal wahnsinnig schnell gehen.
Das war natürlich sehr schade, weil es dadurch wirklich brutal war. Ich wurde angeschrien und habe mich der Situation letztlich ergeben. Dann wurde auch noch stark an der Nabelschnur gezogen, weil die Plazenta nicht schnell genug herauskam (5 Minuten nach der Geburt!). Diese Behandlungen haben mir so zugesetzt, dass ich danach erst einmal in den OP und mein Kind in den ersten zwei Stunden nach seiner Geburt auf mich verzichten musste.
Nach der Geburt habe ich probiert Frieden mit dieser Situation zu schließen und mich auf meine Doula-Ausbildung fokussiert. Keine Frau, die ich betreue oder noch betreuen werde, sollte so behandelt werden, wie ich behandelt wurde. Letztendlich hat mich diese Erfahrung also zu meiner Berufung als Doula geführt.
Stephanie Johne: Doulas sind Frauen ohne medizinische Verantwortung, wohl aber mit einem sehr ganzheitlichen Verständnis von der Bedeutung der Geburt auf emotionaler und körperlicher Ebene. Sie unterstützen die Frau in den Belangen, die eine Hebamme aus verschiedenen Gründen nicht abdecken kann. Eine Doula möchte die Geburt für die Frau, ihren Partner und vielleicht sogar Geschwisterkinder so schön wie möglich gestalten. Eine friedvolle, glückliche Erinnerung für das kommende Familienleben soll geschaffen werden. Streicheleinheiten und handfeste Kniffs sollen den Themen Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett ihren ganz besonderen Zauber zurückgeben. Extrem vereinfacht gesagt, ist der große Unterschied, dass die Doula ausschließlich Bauchnabel aufwärts agiert, die Hebamme Bauchnabel abwärts. Das heißt natürlich nicht, dass Hebammen Gebärende nicht auch emotional unterstützen, im Gegenteil. Oft fehlt ihnen im Krankenhaus aber die Zeit – auf eine Hebamme kommen oft mehrere Frauen gleichzeitig. Und spätestens wenn es dann um die letzte Phase der Geburt geht oder Komplikationen auftreten, ist die Hebamme auf den physischen Prozess der Geburt und das Wohlbefinden des Babys fokussiert, was ja auch gut ist – während die Doula nur auf die emotionalen Belange der Frau schaut, sie stärkt und ihr nicht von der Seite weicht. Eine positive Geburtskultur geht aber definitiv nur zusammen. Eine Doula ersetzt zu keinem Zeitpunkt eine Hebamme, das muss klar sein!
Den Begriff Doula habe ich schon während meiner Schwangerschaft entdeckt, im Wochenbett habe ich mich wegen meiner schwierigen Geburt dann mehr darüber informiert. Dabei bin ich auf die Ausbildung von “Doulas in Austria” gestoßen. Und zu meinem Glück habe ich dort auch meine Ausbildung absolvieren können.
Stephanie Johne: Alles dreht sich ums Vertrauen. Wir müssen auch nicht alles alleine schaffen. Im Zuge der Emanzipation haben wir Frauen uns selbst in dem Glauben gelassen, genauso „funktionieren“ zu müssen wie Männer. Das ist ein verdrehter Ansatz des eigentlich richtigen Gedanken der Emanzipation. Wir sollten keinen falschen Stolz zeigen, sondern uns gemeinsam helfen, wenn es nötig ist und vor allem lernen, Hilfe anzunehmen. Und noch wichtiger: akzeptieren, dass Männer und Frauen eben nicht gleich sind und das Gleichberechtigung nur gut funktionieren und gelebt werden kann, wenn wir diese Unterschiede anerkennen.
Und natürlich müssen wir Frauen mehr gesehen werden, während der Schwangerschaft, Geburt und vor allem in unserem Wochenbett – das aber auch fordern und uns nicht in die Opferrolle drängen! Unsere nicht vorhandene Geburtskultur und die Medien haben hier ganze Arbeit geleistet. Ich habe mich in meinem Wochenbett sehr unverstanden und allein gelassen gefühlt, bis ich verstanden habe, dass ich die einzige bin, die daran etwas ändern kann – für mich und in Zukunft für andere.
Stephanie Johne: Meine schwierige Geburt hat leider dazu geführt, dass auch mein Wochenbett anfangs schwierig war. Um nicht zu sagen mühselig. Mein Freund hat sich zwar rührend um uns gekümmert, aber ich habe lange gebraucht mich zu erholen. Du wirst entlassen und das nächste Mal, das nach der Betreuung durch die Hebamme jemand nach dir schaut, ist 6 Wochen später zu einem regulären Termin beim Frauenarzt. Aber was passiert dazwischen? Ich hatte eine fiese Dammnaht, einen Steißbeinbruch und ein kleines Baby Zuhause.
Ganz oben auf der Agenda standen bei mir also die Genesung und der Heilungsprozess. Und da musste ich feststellen, dass unsere Gesellschaft einem im Wochenbett keine wirkliche Unterstützung bietet. Natürlich waren alle Freunde und Verwandten lieb und gaben Tipps. Aber niemand hat über die wirklich unangenehmen Themen geredet, darüber, wie schwer jeder Toilettengang sein kann. Man darf das nicht unterschätzen. Außenstehende denken oft, wenn Mütter über das Wochenbett sprechen:
Aber niemand denkt daran, dass sie vielleicht eine sehr schwere Geburt erlebt haben mit Geburtsverletzungen, vielleicht nicht auf die Toilette gehen können oder in der Lage sind, überhaupt aufzustehen. Also habe ich Antworten im Internet gesucht. Hier wurde mir aber schnell der Eindruck vermittelt, dass ich krank sei. Und genau so wollte ich nicht gesehen werden. Ja, ich musste mich erholen und genesen, aber ich wollte auch in meiner Kraft gesehen werden und mich schön fühlen. Ich wollte mein Wochenbett als Schwellenzeit genießen. Und so bin ich auf verschiedene Methoden gestoßen, die mir genau dieses gute Gefühl gegeben und mich sprichwörtlich gehalten und gerettet haben; wie das “Bengkung” Belly Binding und Yoni Steaming. Das Verlangen nach schönen, normalen Produkten hat mich dann letztendlich auch dazu gebracht, eigene Produkte zu kreieren und Māra Care ins Leben zu rufen.
Stephanie Johne:Belly Binding ist eine Methode aus Malaysia. Dort verwendet man 14 bis 17 Meter lange Baumwolltücher, um den Körper nach der Geburt physisch und psychisch zu verschließen. In asiatischen Ländern werden Frauen beispielsweise wie Göttinnen nach der Geburt von der Gemeinschaft gefeiert und umsorgt. Sie werden mit Blumen geschmückt und ihrem Körper gehuldigt (das wäre hierzulande vielleicht etwas viel verlangt, aber was ist verkehrt an ein bisschen Zauber in dieser Zeit – fernab von Netzhöschen und Stilleinlagen?). Man fühlt sich geborgen und gestützt durch das Belly Binding. Es wirkt wie eine Korsage, passt sich allerdings dem Körper viel besser und individueller an.
Das Yoni Steaming ist auch eine ganz besondere Methode der Selbstheilung. Ich bin auf Yoni Steaming durch eine amerikanische Community zu dem Thema gestoßen, und zwar www.steamychick.com. Die hat eine sehr inspirierende Frau ins Leben gerufen – Keli Garza. Seit 20 Jahren setzt sie sich mit dem Thema Steaming auseinander und bildet mittlerweile Frauen in diesem Gebiet aus. Sie hat herausgefunden, dass Frauen sich schon bevor die gängige Gynäkologie eingeführt wurde mit Steaming behandelt haben. Dazu braucht man lediglich besondere Kräutermischungen und heißes Wasser – und ein bisschen was an Wissen. Anfangs habe ich einen Topf in die Toilette gestellt und mich drauf gesetzt. Jetzt habe ich einen Stuhl mit meinem Partner kreiert, der schön und natürlich aussieht. Auf der Toilette blieb für mich der Wohlfühleffekt langfristig doch irgendwie aus (lacht).
Der Dampf reinigt den Körper von Innen. Bei den Mayas war das Yoni Steaming im Wochenbett eine ganz normale Behandlungsmethode und die Frauen in Mexiko pflegen das Maya Vaginal Steaming immer noch. Meinen designten Yoni Steaming Stuhl kann man mittlerweile via Māra Care erwerben, die Crowdfunding Kampagne dazu wurde gerade erfolgreich finanziert.
Stephanie Johne: Māra ist alten Überlieferungen nach die höchste aller Göttinnen, die Mutter aller Mütter. Sie gilt als Hüterin der Natur und der Elemente. Erste Nennungen der Māra finden sich bereits in vedischen Überlieferungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Geburt. Māra steht für all das vergessene Urwissen, die heilige Essenz des Femininen – in all ihrer Zartheit, ihrer Kraft und ihrem Wunsch, gelebt zu werden. Und genau darum geht es mir mit Māra Care. Ich möchte wieder salonfähig machen, was über Jahrhunderte für Frauen ganz normal war: Wellness-Anwendungen für Frauen, speziell die Yoni. Und das habe ich auch in meiner ersten Crowdfunding-Kampagne umgesetzt. Und sie war ein voller Erfolg! Hier könnt ihr euch schon unsere Instagram-Seite anschauen.
Stephanie Johne:Ich möchte alle Frauen da draußen ermutigen, mehr auf ihr Ur-Vertrauen zu hören und sie inspirieren, sich mehr und selbstverständlicher mit ihrer Weiblichkeit und Sexualität auseinanderzusetzen. Dazu gehören alltägliche Themen wie die Schwangerschaft und Geburt, das Wochenbett, die Periode und das Stillen– allerdings dargestellt in einem Kontext von Schönheit, Zusammenhalt und Natürlichkeit. In der wunderbaren Reihe namens Like a Woman werde ich also fortan Trends & Wissenswertes rund ums Thema Frau-Sein beleuchten und Tippsund Tricks verraten.
© 2024 Overview Magazine
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2 thoughts on “Stephanie Johne – über Entmachtung und Frustration in Geburtskliniken”