Amanda Maiwald möchte Kinder motivieren und befähigen, sich mit Coding auseinanderzusetzen und Interesse für digitales Gestalten zu entwickeln. Darum gründete sie gemeinsam mit ihren beiden Co-Gründer:innen Antonia und Nikolaj die Coding-Plattform Codary. Die drei eint der gemeinsame Wunsch, mit codary die Chancengleichheit in Deutschland und Europa zu fördern. Daher ist es ihnen ein Anliegen strukturelle Einstiegsbarrieren in die Informatik zu mindern und den Zugang zu zukunftsträchtigen Kompetenzen und Jobs für alle zu ermöglichen. Antonia selbst hat einen Master in Wirtschaftsinformatik und war vor codary bei der Deutschen Bahn als App Entwicklerin aktiv.
Amanda Maiwald im Interview
Overview: Liebe Amanda, ihr hattet eure Idee zu codary in der Corona Lockdown Zeit, wie genau oder wer genau hatte den ersten Impuls? Gab es sogar vielleicht ein besonderes Schlüsselereignis?
Amanda Maiwald: Ich habe meinen Master in Wirtschaftsinformatik an der Humboldt Universität gemacht. Die Ursprungsidee zu codary stammt von mir, da mir insbesondere an der HU auffiel, dass meine überwiegend männlichen Kommilitonen mir gegenüber einem enormen Vorteil hatten, weil sie zumeist schon im Jugendalter in ihrer Freizeit angefangen hatten zu programmieren. Informatik prägt tatsächlich seit Jahren unsere Gesellschaft. An heutigen Schulen bringen wir unseren Kindern früh Lesen und Schreiben bei, damit sie ein aktives Mitglied der Gesellschaft werden können. Wer sich aber nicht mit der Informatik auseinandersetzt, der kann unsere Gesellschaft bald nicht mehr mitgestalten. Deshalb habe ich mich mit meinen Freund:innen Antonia Schein und Nikolaj Bewer im Corona-Lockdown entschlossen: Wir wollen nicht meckern, sondern machen. Also haben wir uns zum Ziel gesetzt, Kindern und Jugendlichen spielerisch die digitale Welt näherzubringen – ganz praktisch per Video-Chat von zu Hause aus.
O: Was ist für dich das Besondere am Programmieren?
Amanda Maiwald:Die Fähigkeit zu Programmieren eröffnet dir neue Möglichkeiten. Du wirst mit diesen Kompetenzen vom Konsumenten der digitalen Welt zum digitalen Gestalter. Der OECD-Lernkompass 2030 beschreibt mit den 21st Century Skills die Fähigkeiten, die wir brauchen, um die komplexen Herausforderungen im 21. Jahrhundert zu bewältigen. Laut dem Weltwirtschaftsforum ist Programmieren eine der Top-Ten-Kernkompetenzen. Leider gibt es in Deutschland in diesem Bereich eine Riesenlücke. Wir stehen bei der Digitalisierung laut aktueller DESI-Studie der EU-Kommission im europäischen Vergleich an 13. Stelle. codary ist dazu angetreten, diese Lücke zu schließen.
O: Warum sollten Kinder schon früh damit anfangen? Sind Kinder nicht etwas überfordert damit?
Amanda Maiwald:Die Kinder sind tatsächlich diejenigen, die am wenigsten Angst vor der digitalen Welt haben. Sie wachsen ja in ihr auf. Je früher die Kinder die Spielregeln der digitalen Welt verstehen, desto früher können sie diese kritisch hinterfragen und mitgestalten. Wichtig ist hier doch die Unterscheidung zwischen sinnvoller, regulierter Screentime, wie codary es den Kindern bietet, und sinnlosem Daddeln.
O: Ab welchen Alter ist codary geeignet?
Amanda Maiwald: codary ist für alle Kinder ab sieben bis 16 Jahren geeignet. Von Anfänger bis Fortgeschritten haben wir für alle Level etwas dabei. Wir wollen gerade die Kinder motivieren, sich mit Coding auseinanderzusetzen, die sich sonst wahrscheinlich gar nicht mit dem Thema beschäftigen würden.
O: Wie entwickelt man ein solches Programm für Kinder? Hattet ihr Erzieher, Lehrer oder Psychologen mit in die Entwicklung einbezogen?
Amanda Maiwald:Unser Co-Gründer Nikolaj ist gelernter Informatiker mit pädagogischem Hintergrund. Bereits an der Universität hat er viel Erfahrung darin gesammelt, komplexe Themen wie Wirtschaftsmathematik den Studierenden möglichst visuell und spielerisch zu erklären. Mittlerweile haben wir ein tolles Team aus Pädagog:innen und Expert:innen aufgebaut.
O: Was war das Schwierigste für dich in der Launch.Phase von codary?
Amanda Maiwald: Gründen ist eine Achterbahnfahrt und auch wir mussten schon mehr Krisen trotzen als manch anderes Startup. Insbesondere der Fachkräftemangel in der Informatik hat uns zu Beginn sehr verlangsamt unsere digitalen Projekte schnell umzusetzen. Aber genau daran arbeiten wir ja mit codary!
O: Welche Hürden musstet ihr auf diesem Weg bezwingen? Gibt es gewisse Regulationen an, die ihr euch halten müsst?
Amanda Maiwald:Da das Angebot an Online Kursen in der Informatik sich gerade erst entwickelt, gibt es in diesem Bereich nur wenige Regularien. Das Wichtigste ist für uns, dass die Kinder Spaß an dem Thema haben und wir altersgerecht lehren. Um unsere Kurse auf die diversen Altersklassen anzupassen, führen wir viele User Interviews mit den Familien, um allen Lerntypen gerecht zu werden.
O: Wir habt ihr euch finanziert? Hattet ihr Investoren?
Amanda Maiwald:Wir sind sowohl durch öffentliche Fördermittel als auch Privatinvestoren und Venture Capital finanziert. Wir haben mit codary dieses Jahr unsere Seed Finanzierung über 3,5M Euro abgeschlossen. Das gibt uns die Mittel unser Produkt weiterzuentwickeln und das Unternehmen zu skalieren.
O: Ihr schreibt auf eurer Homepage, dass es euch ein Anliegen ist strukturelle Einstiegsbarrieren in die Informatik zu mindern, wie genau macht ihr das mit codary? Und welche strukturellen Einstiegsbarrieren sprecht ihrhier an?
Amanda Maiwald: Der Stereotyp des IT Nerds ist männlich, weiß, und kommt meist aus gutem Hause. Diversität in der Informatik sieht anders aus. Das wollen wir ändern! Mit codary wollen wir unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Einkommen Informatik zugänglicher machen und spielerisch im digitalen Raum Wissen vermitteln. Dafür bieten wir interessenbasierte Programmierkurse an, die für alle Geschlechter interessant sind. Unsere Kurse sind komplett digital, sodass wir auch die Kinder auf dem Land erreichen – die Bildung wird also unabhängig von der Ausstattung deiner Stadt oder Schule zugänglicher. Außerdem arbeiten wir mit Organisationen und Stiftungen zusammen, die die Programmierkurse für Kindern aus einkommensschwachen Haushalten finanzieren. So konnten wir mit der Roland Berger Stiftung bereits 800 Kindern, die sonst diese Mittel nicht hätten, den Zugang zu unseren Programmierkursen ermöglichen.
O: Welchen euerer Kurse hättest du dir denn als Kind gewünscht?
Amanda Maiwald: Unser neuer Programmierkurs „Spielentwicklung mit Java Script“ ist ein toller Anfängerkurs, um in die Entwicklung von Computerspielen reinzuschnuppern.
O: Was haben deine Freunde gesagt, als du Ihnen von deiner Idee erzählt hast?
Amanda Maiwald: Meine Freunde haben mich von Anfang an darin unterstützt und sich sehr gefreut, als wir im Oktober 2020 das Berliner Startup Stipendium erhielten und wir so in Vollzeit codary gründen konnten.
O: Was machst du, wenn du mal nicht im Office bei codary bist?
Amanda Maiwald: In meiner Freizeit gehe ich gerne zum Kickboxen und fahre viel Fahrrad. Das ist ein schönes Kontrastprogramm zu der Arbeit am Computer.
O: Wo gehst du feiern in Berlin?
Amanda Maiwald: Ganz untypisch für Berlin gehe ich nur selten feiern, weil ich am Wochenende lieber sportlich aktiv bin. Aber wenn es sich ergibt, gehe ich gerne in die Ritter Butzke oder ins Birgit und Bier.
O: Dein Lieblingsrestaurant in Berlin?
Amanda Maiwald: Zum 893 Ryotei auf der Kantstraße kann ich nicht Nein sagen.
O: In deiner Tasche sollten folgende drei Dinge immer dabei sein:
Amanda Maiwald: Ich gehe nie ohne meine Air Pods aus dem Haus. Die Noise Cancelling Funktion ist wirklich super. Mein Handy ist natürlich auch immer dabei. Und wenn ich längere Strecken fahre nehme ich meistens mein iPad mit, um darauf zu lesen.
O: Sneaker, Boots oder High Heels?
Amanda Maiwald: Im Alltag Sneaker, auf Bühnen gerne Boots.